Zero Discrimination Day – Diskriminierung bei der Wohnungssuche

Jennifer Fest, 01.03.2023

Am 01. März ist Zero Discrimination Day. Auch in der Immobilienbranche gibt es verschiedene Formen der Diskriminierung, allen voran jene, die Menschen bei der Suche nach einer Wohnung erfahren. Zeit, das Problem genauer zu betrachten!

  • Wie sieht Diskriminierung bei der Wohnungssuche aus?
  • Wie häufig kommt Diskriminierung bei der Wohnungssuche vor?
  • Wie sieht ein fairer Wohnungsmarkt aus?

Ein sicht- und messbares Problem

Eine Wohnung zu finden, ist auf dem aktuell sowieso angespannten Wohnungsmarkt nicht einfach. Oft gibt es für eine Wohnung zahlreiche Interessierte, was die Vermieter*innen in die Lage versetzt, sich aussuchen zu können, an wen sie vermieten möchten. Die Wahl wird dabei nicht selten von diskriminierenden Faktoren beeinflusst. Dies führt zu eklatanten Nachteilen für Betroffene – zum einen direkt, weil sie es schwerer haben, Wohnraum zu finden und viel Ablehnung erfahren, zum anderen aber auch indirekt, denn solche Diskriminierung beeinflusst auch unsere gesamtgesellschaftlichen Strukturen. Sie steht der Integration im Wege und befördert Wohnsegregation (Auspurg, Schneck & Hinz 2019, 95), was sich wiederrum in Ungleichheit bei Karrierechancen und Gesundheit niederschlägt (Auspurg, Hinz & Schmid 2017; Horr, Hunkler & Kroneberg 2018; Bock 2021).

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) definiert, dass „eine Person diskriminiert [wird], wenn sie aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität in einer vergleichbaren Situation nachteilig behandelt wird, ohne dass es einen sachlichen Grund dafür gibt.“ (ADS 2020a, 6). Das sind zahlreiche Aspekte, von denen aber manche bei der Wohnungssuche problematischer sind als andere.

In einer Studie stellte die ADS (2020b) fest, dass 15% der Wohnungssuchenden Diskriminierung mit rassistischem Motiv erfahren mussten. Unter jenen aus der Gruppe mit Migrationshintergrund waren es sogar 35%. Auch Religionszugehörigkeit spielt hier eine Rolle: Vermieter*innen fragen bei Bewerbungen teils Details ab, anhand derer sie dann aussortieren, oder vermuten schlicht, dass bspw. jemand mit einer bestimmten Hautfarbe auch einer bestimmten Religion angehören und negativen Stereotypen entsprechen muss. Neben ethnischer Herkunft und Religion sind das Alter und die soziale Stellung die schwerwiegendsten Gründe für Diskriminierung.

Aber wie genau äußert sich Diskriminierung? Wie lässt sie sich messen oder erkennen? In vielen Fällen ist das laut der ADS leicht, denn sie ist erschreckend offensichtlich. 37% der Betroffenen gaben an, auf Wohnungsanzeigen gestoßen zu sein, in denen direkt schon ganze Gruppen aufgrund verschiedener Merkmale ausgeschlossen wurden. 10% wurden gar beleidigt oder beschimpft. Weniger leicht zu greifen, aber ebenso gewichtig ist die Aussage von 32% der Teilnehmenden, eine Wohnung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Gruppe nicht bekommen zu haben. Das kann sich zum Beispiel darin äußern, dass Menschen eines bestimmten Alters oder mit ausländisch klingendem Namen weniger oder keine Besichtigungstermine angeboten bekommen (z.B. Horr, Hunkler & Kroneberg 2018, 141), von ihnen mehr oder andere Informationen verlangt werden (ADS 2020a, 10) oder Menschen bei einer Besichtigung aufgrund ihrer Hautfarbe nicht in Erwägung gezogen werden.

Eine ebenfalls krasse Form der Diskriminierung schlägt sich in Miet- bzw. Kaufpreisen nieder. 25% derjenigen, die von rassistischer Diskriminierung berichteten, gaben an, dass von ihnen ein höherer Miet- oder Kaufpreis gefordert wurde. Dass Menschen mit Migrationshintergrund im Schnitt höhere Mieten zahlen, wurde auch zuvor schon erfasst (s. z.B. Statistisches Bundesamt 2017).

Der Aspekt der sozialen Stellung bezieht sich vor allem aufs Einkommen. Die Mietpreise in Deutschland sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen (Statista Research Department 2023), in vielen Regionen und vor allem Großstädten steigen sie weit stärker als die Löhne (Janson 2021). Das führt zu Benachteiligung von Menschen mit geringen Einkommen, denn für sie kommen immer weniger Wohnungen überhaupt in Frage, und sie wohnen dann oft auf verhältnismäßig wenig Platz. Betroffen sind hierbei vor allem Alleinerziehende und deren Kinder – 28,4% dieser Gruppe lebten letztes Jahr in überbelegten Wohnungen (Statistisches Bundesamt 2022).

Diese Zahlen machen sehr deutlich, dass Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt kein kleines Problem ist. Hinzu kommt, dass es von vielen als erwartbar empfunden wird; 83% der Befragten in der Studie gaben an, bei der Wohnungssuche den Bereich des Lebens zu sehen, in dem Diskriminierung, vor allem auf rassistischer Basis, am häufigsten vorkommt. Somit wird das Phänomen fast zur Normalität und entsprechend diskriminierendes Verhalten salonfähig, was es für die Betroffenen noch schwerer macht, sich Hilfe zu holen und zu wehren.

Welche Regeln gibt es?

Dass Diskriminierung bei der Suche nach einer Wohnung aber eben nicht normal ist, zeigen gesetzliche Regelungen zu dem Thema. Allerdings gibt es auch hier viel Widerspruch und Kritik.

Auf EU-Ebene steckt die Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/43/EG den relevanten Rahmen ab. In Deutschland wird diese durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) realisiert, was aber mehr Spielraum für diskriminierendes Verhalten lässt; so besagt in Bezug auf Vermietung § 19 Abs. 3, dass „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig“ ist. Des Weiteren gelten die Regeln gegen Diskriminierung nicht, wenn „ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird“, was zum Beispiel gegeben ist, wenn Mieter*innen und Vermieter*innen auf demselben Grundstück wohnen würden.

Diese Ausnahmen sind sehr abstrakt formuliert und bieten daher viel Spielraum für Interpretation, was oft kritisiert wird (z.B. Beigang et al. 2018). Thüsing und Vianden (2019, 20) sprechen gar von einer europarechtlichen Unzulässigkeit. Hinzu kommt eine sehr konkrete Einschränkung des AGG in Bezug auf Vermietung, wenn jemand weniger als 50 Wohnungen vermietet und somit kein „Massengeschäft“ betreibt. In diesen Fällen greift das Benachteiligungsverbot nur sehr bedingt (ADS 2021).

Unsere Maßnahmen gegen Diskriminierung

Solche Lücken im Schutz vor Diskriminierung kann man ausnutzen – man muss aber nicht! Ganz im Gegenteil kann man auch bewusst soziale Verantwortung übernehmen und diese Lücken, zumindest im eigenen Handlungsspielraum, stopfen. Die Stadtmarken GmbH vermietet zahlreiche Wohnungen in mehreren Städten NRWs. Dabei versuchen wir, Wohnraum für alle in der Gesellschaft zu schaffen.

Öffentlich geförderter Wohnraum: Bei unseren Objekten setzen wir auf einen signifikanten Teil öffentlichen geförderten Wohnraums. So entstehen bezahlbare Wohnungen, die zentral liegen und meist in Quartiere eingebunden sind, wie zum Beispiel am Guten Freund in Aachen oder unserem Projekt „Leben am Sonnenpark“ in Düsseldorf.

Gleichbehandlung aller Interessierten: Es sollte selbstverständlich sein, doch die oben genannten Zahlen belegen, dass die Realität oft anders aussieht. Wir erfragen von allen Mietinteressent*innen die gleichen Grundinformationen, stellen Besichtigungstermine für alle bereit, wann immer Wohnungen verfügbar sind und arbeiten mit einheitlichen Mietpreisen.

Barrierefreiheit: In unseren Quartieren ist ein Großteil der Wohnungen barrierefrei. Auch rollstuhlgerechte Wohnungen sind im Portfolio, wie beispielsweise in unserem WE PARTMENT am C.A.R.L. oder in unserer Waldmarke.

Aktive Integration statt Ausgrenzung: Verschiedene Sprachen und Herkunftsländer, Kulturen und Religionen sind bei uns nicht toleriert, sondern explizit willkommen. Sie sind Teil unserer Gesellschaft, und wir fördern den Austausch auch innerhalb unserer Mieterschaft. So gab es zum Beispiel im Quartier Guter Freund schon zwei Events, an dem Mieter*innen typische Speisen ihrer Heimatländer zusammengetragen und die Kulturen so ganz niederschwellig besser kennengelernt haben.

Starke Gemeinschaft durch Co-Living: Unsere WE PARTMENTS bieten Wohnen mit starkem Communityaspekt für Studierende. So können junge Menschen, die neu in die Stadt gezogen sind, direkt Anschluss finden – vollkommen egal, wie alt sie sind, woher sie kommen oder was sie studieren. Co-Living ist außerdem die Spezialität unserer Schwesterfirma POHA House, die mit ihren Objekten in Aachen und Münster Gemeinschaften formt und Integration fördert.

Was gibt es noch zu tun?

Zu tun gibt es bei dieser Problematik sicherlich noch mehr als genug, und zwar von allen Seiten. Zum einen werden Überarbeitungen der Gesetzgebung gefordert (Beigang et al. 2018, 211; Thüsing & Vianden 2019). Hier ist die Politik in der Pflicht. Dies trifft auch auf die Kommunikation zu dem Thema zu. Die ADS beschäftigt sich sehr viel mit Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und stellt umfassendes Material zur Verfügung, dennoch melden sich nur die wenigsten Betroffenen, um sich zu wehren oder zu informieren (Beigang et al. 2018, 210; ADS 2020b, 11). Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass in der Studie der ADS ganze 47% angaben, noch nie vom AGG gehört zu haben. Mehr Transparenz und Information sind also dringend nötig, um die Betroffenen zu ermutigen, diskriminierende Vorfälle nicht einfach hinzunehmen. Auf lange Sicht würde das Thema so hoffentlich auch seinen erwartbaren und fast schon als normal wahrgenommenen Charakter verlieren.

Eine starke Waffe gegen Diskriminierung bei der Wohnungssuche ist zudem mehr für die breite Masse erschwinglicher Wohnraum. „In direkter Form wird so vor allem Benachteiligungen anhand der sozioökonomischen Lage der Boden entzogen“ (Beigang et al. 2018, 209), was zu weniger Wohnsegregation und besserer Integration führt.

Zuletzt liegt die Verantwortung für integrierendes, willkommen heißendes Handeln aber natürlich auch bei jedem und jeder einzelnen. Das erfordert Aufmerksamkeit und Bewusstsein für das Thema. Die eigenen Abläufe müssen regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und reflektiert werden, um sicherzustellen, dass Diskriminierung keinen Platz findet – und zwar jeden Tag, nicht nur am Zero Discrimination Day.

 

  • Antidiskriminierungsstelle des Bundes. (2020a). Fair mieten – fair wohnen: Leitfaden für Mieterinnen und Mieter und Beratungsstellen. Abgerufen am 16. Februar 2023. Link
  • Antidiskriminierungsstelle des Bundes. (2020b). Rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt: Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage. Abgerufen am 16. Februar 2023. Link
  • Antidiskriminierungsstelle des Bundes. (2021). Wohnungsmarkt – Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist weit verbreitet. Abgerufen am 28. Februar 2023. Link
  • Auspurg, K., Hinz, T., & Schmid, L. (2017). Contexts and conditions of ethnic discrimination: Evidence from a field experiment in a German housing market. Journal of Housing Economics, 35, 26–36.
  • Auspurg, K., Schneck, A., & Hinz, T. (2019). Closed doors everywhere? A meta-analysis of field experiments on ethnic discrimination in rental housing markets. Journal of Ethnic and Migration Studies, 45(1), 95–114.
  • Beigang, S., Fetz, K., Kalkum, D., & Otto, M. (2018). Diskriminierungserfahrungen in Deutschland: Ergebnisse einer Repräsentativ- und einer Betroffenenbefragung. Nomos.
  • Bock, E. (2021). Housing Segregation a Central Cause of Racial Health Inequities. NIH Record, LXXIII(5), 1, 4.
  • Horr, A., Hunkler, C., & Kroneberg, C. (2018). Ethnic Discrimination in the German Housing Market: A Field Experiment on the Underlying Mechanisms. Zeitschrift Für Soziologie, 47(2), 134–146.
  • Janson, M. (2021).Wo Mieten stärker steigen als die Löhne. Abgerufen am 27. Februar 2023. Link
  • Statista Research Department. (2023). Entwicklung des Wohnungsmietindex für Deutschland in den Jahren von 1995 bis 2022. Abgerufen am 27. Februar 2023. Link
  • Statistisches Bundesamt. (2017). Deutliche Unterschiede in der Wohn­situation von Menschen mit und ohne Migrations­hintergrund. Abgerufen am 27. Februar 2023. Link
  • Statistisches Bundesamt. (2022).10,5 % der Bevölkerung in Deutschland lebten 2021 in überbelegten Wohnungen. Abgerufen am 27. Februar 2023. Link
  • Thüsing, G., & Vianden, S. (2019). Rechtsfreie Räume? Die Umsetzung der EU-Antirassismusrichtline im Wohnungsbereich: zum verbleibenden Umsetzungsbedarf der Richtlinie 200/43/EG im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz: Gutachten im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Nomos.

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